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Grammatik-Tests: Konzeption, Evaluation

Tests, Klassenarbeiten, Leistungsnachweise: Kurse und Lehrgänge, die mit Zertifikaten und Zeugnissen abschließen, benötigen Verfahren, die es ermöglichen, Leistung bzw. Kenntnisse zu testen und zu bewerten. Viele Schüler haben diese Verfahren auch Jahrzehnte später noch in unangenehmer Erinnerung, entschieden und entscheiden sie doch über Freunde oder Verzweiflung, Lob und Schelte, Versetzung oder Sitzenbleiben – und ihre Zukunft.
    Lehrer und Dozenten bedienen sich der unterschiedlichsten Testverfahren, um Schüler und Studenten objektiv zu bewerten. Objektivität aber setzt etwas eigentlich Selbstverständliches voraus: die Validität der Verfahren. Testet der jeweilige Testtyp wirklich das, was getestet werden soll bzw. was er zu testen vorgibt? Erweist die Auswertung eines Tests die tatsächlichen Leistungsstände der Testkandidaten auf dem jeweiligen Testgebiet? Was in der Soziologie ein zentrales Thema ist, scheint in der Lehrerausbildung keine große Rolle zu spielen: Der Autor kann sich an keine Unterweisung hierzu erinnern.
    "Es gibt keine Methode, mit der man nicht Englisch lernen kann!" Wenn dieser Satz eines Seminarleiters, der ja auch schlechte Methoden einbezieht, halbwegs stimmt, dann gibt es auch viele (zufriedenstellende, gute und sehr gute) Methoden, den Lernerfolg zu testen – mehr, als man auf einer Seite darstellen könnte. Die folgenden Abschnitte nennen daher nur einige der Test-Methoden, die sich denkbar schlecht zur Ermittlung definierter Kenntnisse und Fertigkeiten im Englisch-Unterricht eignen.

1. "Achten Sie auf die Aufgabenstellung!"

Diese Aufforderung hat durchaus ihre Berechtigung: Schüler beginnen häufig sofort mit der Lösung einer Aufgabe, ohne die Überschrift gelesen und verstanden zu haben. Die Folge sind viele unnötige Fehler: Wenn die Aufgabe z. B. lautet: "Past: simple or progressive?", dann ist das Past vorgegeben, der Schüler bzw. die Schülerin muß sich nur noch zwischen simple und progressive entscheiden. Oberflächliche, unkonzentrierte Schüler jedoch benutzen auch andere Zeitformen und handeln sich so Fehler ein, die mit dem Aspekt (simple vs progressive) nichts zu tun haben.

Umgekehrt erschweren manche Aufgabenstellungen die richtige Lösung unnötig, wenn nicht sogar mutwillig: Wenn eine Aufgabe auch von vielen aufmerksamen Teilnehmern nicht verstanden wird, so wird die Lösung zum Zufallsprodukt. Das bedeutet: Die erreichte Punktzahl (und schließlich die Note) bewertet nicht z. B. eine bestimmte grammatische Kenntnis, sondern entweder einen Zufallstreffer oder das Verständnis einer schwierig formulierten Aufgabenstellung: Wer die Aufgabe nicht (richtig) versteht, macht einiges richtig, anderes falsch; wer sie falsch versteht, macht vielleicht alles falsch, nur weil er vielleicht ein Wort im Aufgabentext nicht bzw. falsch verstanden hat. Eine Grammatikaufgabe mutiert so zum heimlichen Vokabeltest; im Unterschied zu einem Vokabeltest bestraft eine Grammatikaufgabe eine falsch oder gar nicht verstandene Vokabel in der Überschrift allerdings nicht mit einem einfachen Punktabzug, sondern dem Abzug unter Umständen aller (vielleicht zehn) Punkte. Der Lehrer unterstellt "natürlich" mangelnde Grammatikkenntnisse, schließlich steht in der Überschrift klar, worum es geht. Ein Beispiel aus einer Hauptschul-Abschlußarbeit:

Take another look at the text [...]. Find the words which are replaced by the following pronouns in bold type and write these words on the lines.

Die Länge der Aufgabenstellung, ihre Grammatik (das Passiv) und die Vokabeln ("replace", "bold type") sprechen eher für eine schriftliche Klausur des Mittleren Schulabschlusses, dennoch wird Hauptschülern diese Formulierung zugemutet. Lehrer, die solche Formulierungen wählen, verteidigen diese üblicherweise mit zwei Argumenten:

  1. "Meine Schüler kennen das, ich habe das oft genug geübt." (Manchmal glaubt man eine unausgesprochen mitschwingende Gegenfrage zu hören: "Kennen Ihre Schüler das etwa nicht?")
  2. "Grammatische Fachtermini gehören dazu, die müssen die Schüler kennen!"

Es mag durchaus sein, daß eine Grammatikaufgabe mit genau dieser Aufgabenstellung zuvor intensiv geübt wurde, daß alle Schüler dabei anwesend waren und sich alle während der Klassenarbeit an die schwierige Formulierung und ihre Bedeutung erinnern und daß folglich alle wissen, was zu tun ist – in relativ homogenen Gruppen mit geringen Leistungsunterschieden ist das vorstellbar. Das ändert jedoch nichts an der Tatsache, daß die Aufgabenstellung – unter Umständen ein einziges schwieriges Wort – die gesamte Lösung gefährdet und daß die zusätzliche Anforderung nicht explizit ausgewiesen ist: Der Lehrer testet einleitend das Verständnis einer Vokabel, die über das Verständnis der gesamten Übung entscheidet, bewertet aber nur die Grammatikübung. Schwachen Schüler fallen dieser (Selbst-)Täuschung am ehesten zum Opfer, und der Lehrer kann nicht mit Bestimmtheit, ob sie an der Aufgabenstellung oder wirklich an der Grammatik gescheitert sind. Manche Lehrer wollen das nicht einmal wissen.
    Eine besondere Rolle spielt in Aufgabenstellungen das grammatische Fachvokabular: Terminologische Schwächen im Fach Englisch haben meist eine entsprechende Vorgeschichte im Deutschunterricht; was dort versäumt wurde, läßt sich im Englisch-Unterricht schlecht ausbügeln. Ob die Kenntnis etwa der Wortkategorien in einer Englisch-Klausur geprüft werden sollte, sollte erst einmal mit einem Blick ins Curriculum geprüft werden. Wenn aber schwierige grammatische Termini Noten-entscheidend getestet werden sollen, dann bitte separat! Die Überschrift der Aufgabe sollte dann eindeutig sein: "Grammatical terms".

2. Das Antwort-Frage-Spiel

Sie haben richtig gelesen. Während im natürlichen Sprachverhalten die Frage zuerst auftritt und eine angemessene Antwort erheischt, drehen manche Fremdsprachen-Lehrer diese Reihenfolge gerne mal um:

Nennen Sie die richtige Frage auf die folgende Antwort!
Fragen Sie nach den unterstrichenen Wörtern im Antwortsatz!
Ask for the words in brackets!


___________________________________________________________ .
He arrived at the railway station (at 8:30 am).

Warum greifen "Pädagogen" zu dieser logischen Verrenkung? Nicht, daß das zur Beantwortung der Aufgabe nötige Abstraktionsvermögen nicht auch für Schüler wünschenswert wäre – aber warum tauchen solche Aufgaben immer wieder in Englisch-Tests auf statt in Intelligenztests? Wer solche Grammatikaufgaben lange mit Teilnehmern geübt hat, weiß, daß die "richtige Frage" eine sehr relative Größe ist und der Sinn der Unterstreichung oder Klammer oft genug nicht verstanden wird. Statt der erhofften Frage nach dem Subjekt oder einer Ortsbestimmung liest der Lehrer enttäuscht eine Frage nach der Zeit oder eine Entscheidungsfrage – und streicht entschlossen einen Fehler an: Schließlich hat der Schüler die falsche Frage aufgeschrieben, er kann eben keine Fragen.
    Kann er ja vielleicht doch: Wenn der Schüler weiß, was er fragen soll (oder gar will), kann die Frage ja durchaus richtig sein, nämlich seiner Sprechabsicht entsprechen! Das Problem, an dem er scheitert, ist ein ebenso künstliches wie unausgesprochenes: Der Lehrer erwartet von ihm, daß er zunächst die vom Lehrer durch Unterstreichung kodierte Sprech- bzw. Frageabsicht rekonstruiert und dann in einem zweiten Schritt in der Zielsprache realisiert. Die erste Leistung wird dabei weder offen ausgesprochen noch bewertet, sondern einfach als selbstverständlich vorausgesetzt (Wenn der Schüler nicht mal das kapiert ...). Bewertet wird nur die zweite Leistung, die aber von der ersten abhängt. Schauen wir uns einmal an, was ein Prüfling schon im ersten Schritt zu leisten hat:

  1. Er muß verstehen, daß nach etwas gefragt werden soll, das schon angegeben ist. Normale Menschen erfragen nicht z. B. die Zeit, wenn sie diese kennen.
  2. Er muß sich nun den Klammerinhalt bzw. die Zeitangabe wegdenken (ich weiß nicht, was ich nicht sehe, also frage ich), sie aber zugleich im Kopf behalten (ich weiß eigentlich doch, was ich nicht sehe), um eine passende Frage formulieren zu können: In Klammern könnte schließlich auch in a hurry, in Cologne etc. stehen.
  3. Außerdem muß er einen Perspektivwechsel vornehmen: Neben der Person, die sie Antwort weiß und gibt (und die deshalb zur Indentifikation einlädt) muß sich der Prüfling noch in eine zweite hineindenken, die die unbekannte Frage gestellt haben soll; und wenn die Antwort in der ersten Person (I, we) gegeben ist, muß er auch noch das Promomen ändern. Tut er's nicht, sieht der Lehrer womöglich einen Grammatikfehler, der aber natürlich keiner ist, da das Pronomen von der Redeabsicht abhängt, und zwar von der des Schülers, nicht des Lehrers.
  4. Dann muß er darauf kommen, daß mit when zu fragen ist, nicht z. B. mit what: "Ask for the words in brackets!" → "OK: What is in the brackets?" oder "Which words are in the brackets?" (Primitive Lehrercharaktere streichen für soviel unverschämte Intelligenz rachsüchtig einen Fehler an.)
  5. Anmerkung: Es gibt Lehrer, die diese Probleme ahnen und daher statt des zu erfragenden Ausdrucks einen langen Unterstrich, eine Punktreihe oder eine leere Klammer präsentieren, doch auch diese Lehrer lesen anschließend: "Where did he arrive?", "Who arrived at 8:30 am?" und weitere, ungrammatische Antworten.

Wer die Fähigkeit von Lernenden, in einer Zielsprache Fragen zu stellen, objektiv ermitteln will, wird auf implizite Zusatzanforderungen, die das Testergebnis verfälschen, verzichten und einfach auch die deutsche Frage, zumindest aber das deutsche Fragewort notieren. (Wenn ein Schüler dann 'wo' mit "who" oder 'wer' mit "where" übersetzt, ist das Ergebnis wenigstens eindeutig.)
    Leider wird das beschriebene Antwort-Frage-Spiel in der Praxis noch "getoppt" durch Lehrer, die die Antwort zuerst schreiben und darunter dann einen langen Strich ziehen, auf dem der Schüler die passende Frage notieren soll. So wird der Künstlichkeit noch ihr formaler Ausdruck verliehen. (Solche Lehrer suchen vielleicht auch "erfolgreich" nach den Problemen zu den didaktischen "Lösungen", die sie immer schon hatten.)

3. Wort-Scrabble (oder: Puzzle I)

Eine in Englisch-Lehrwerken beliebte Übungstyp verlangt, aus einer (durch Schrägstrich getrennten) Wortreihe einen grammatisch richtigen Satz in einer definierten grammatischen Form (Fragesatz, Present Perfect etc.) zu bilden. Ein Beispiel:

Donald Smith teaches English literature at a college in Liverpool.
Rewrite the sentences below so that they describe what he does.

1. never / for / Donald / late / is / his classes
    ___________________________________________________________ .

Um diesem Aufgabentyp gleich mit dem ihm gebührenden Sarkasmus zu begegnen: Schüler mit jahrelanger Scrabble-Erfahrung ('Buchstabensuppe') sind hier eindeutig im Vorteil! Und Teilnehmer, die solche Phantasie-schärfenden Übungen öfters gemeistert haben, können womöglich später auf eine durchaus berufsorientierende Erfahrung aufbauen, wenn sie als Archäologen, Kriminalisten oder Geheimagenten die Bruchstücke einer babylonischen Tontafel oder eines geshredderten Dokumentes zusammensetzen sollen. Für uns Durchschnittsmenschen bleibt indes die Frage: Was soll mit dieser Übung gelernt und geübt werden? Was testet ein solcher Test, wenn er bewertet wird?
    Wer in einer Zielsprache redet oder schreibt, der wird sich noch mehr als in der Muttersprache überlegen, was er ausdrücken möchte, bevor er es ausspricht oder niederschreibt. Zuerst ist der Gedanke, dann der mündliche oder schriftliche Ausdruck. Die Vorstellung, aus schon vorhandenen, willkürlich zusammengewürfelten Wörtern sei ein sinnvoller und grammatisch korrekter Satz formen, ist wirklichkeitsfremd. Im wahren Sinne des Wortes sinnvoll ist eine Scrabble-Übung also nur dann, wenn der Übende weiß, was der Satz bedeuten soll; eine (wörtliche oder sinngemäße) deutsche Übersetzung gehört also an den Anfang jedes Satzes. Beispiel: "Sagen Sie, daß [...]."
    Am besten eignet sich dieser Aufgabentyp natürlich (!) zur Übung des Satzbaus bzw. der Wortstellung: Der Schüler, weiß, was der Satz aussagen soll, und setzt seine englischen Bestandteile gemäß der englischen Satzbildung zusammen: Subjekt – Prädikat – Objekt etc.

4. Lückentext (oder: Puzzle II)

  • Fill in the correct tenses; there are some passive forms!
  • Fill in the correct forms of the words in brackets!
  • Setzen Sie die richtigen Verbformen ein!
In 1875 a Tunnel Committee _______________ (form) and a Conversation _______________ (sign). The British Channel Company ______________ (buy) land near Dover and _______________ (start) digging. [...]

Das Beispiel nennt einige der üblichen Arbeitsanweisungen und einen beliebigen Text, der nur Verbformen testen soll, also keine Adverben, Pluralbildungen, Präpositionen etc. Der Beispieltext erwartet vom Testteilnehmer, daß er die Wörter in Klammern als Verben und in ihrer Bedeutung kennt und erkennt und ohne vorherige Kenntnis der Satzaussage einmal die Passivform konstruiert, ein andermal die Aktivform, jeweils in der richtigen Zeitform. (Frage nebenbei: Ist das Historische Präsens ausgeschlossen?) Andere Lückentests erlegen sich keine solche Beschränkungen auf und testen mehrere oder alle Grammatikgebiete gleichzeitig. Originaltexte scheinen ihre bevorzugte Quelle zu sein, haben sie doch den Reiz der Authentizität.

Bedeutung entsteht bekanntlich durch die Interpretation aller Textinformationen: der Wörter, ihrer Formen (Verbformen, Endungen etc.), ihrer Verbindung mit anderen Wörtern (collocations) und der Wortfolge. Viele dieser Informationen sind durchaus redundant, was es einem gebildeten Muttersprachler ermöglicht, sie in solchen Fällen mit großer Sicherheit zu rekonstruieren: Es ist sehr wahrscheinlich, daß nach many oder vor are oder were eine (logisch nicht wirklich nötige) Pluralform steht, und meistens hat diese ein s am Ende; und auch nach he, she oder it muß im Present immer noch das (eigentlich redundante) s mit. Dennoch sind solche Redundanzen offenbar für das gewöhnliche Sprachverständnis unter Muttersprachlern wichtig, sonst gäbe es nicht so viele davon.
    Der klassische Lückentext versucht nun, aus getilgten Redundanzen Kapital zu schlagen: Ausgerechnet Sprachanfänger, die mehr noch als native speaker auf alle Informationen angewiesen sind, werden mit einem Text konfrontiert, dessen Verständnis gleich doppelt erschwert wird:

  1. Lückentexte sind meist unbekannte Texte: Der Schüler soll sich ja nicht an das erinnern können, was in die Lücken gehört! Das aber bringt das Risiko mit sich, daß mehr oder weniger viele der Wörter nur vage oder gar nicht bekannt sind, was das Textverständnis gerade für schwächere Schüler natürlich behindert.
  2. Verschärft wird diese Situation durch die Lücken: Der Getestete kann auf Anhieb nicht erkennen, ob eine Handlung in der Gegenwart oder Vergangenheit spielt, ob sich eine Eigenschaft auf eine Person oder eine Handlung bezieht etc. Die Bedeutung bleibt ... lückenhaft.

Mit diesen beiden Einschränkungen belastet, soll der Prüfling aber dennoch erkennen, welcher Numerus, welche Zeitform, ob ein Adjektiv oder Adverb etc. einzusetzen ist. Dieser Übungstyp geht also ganz vorsätzlich nicht etwa von einem Inhalt aus, den es korrekt in die schwierigen Zielsprache zu übersetzen gilt, sondern genau umgekehrt von teils unbekanntem, teils fehlendem Wortmaterial, das den Sinn des Textes verheimlicht und erst nachträglich ergeben soll. (Eine solche Umkehr natürlicher Sprachproduktion ist allenfalls bei Werbetextern – z. B. für Politiker – zu beobachten, die in eigentlich beliebigen Aussagen unbedingt Begriffe unterbringen müssen, die gerade Konjunktur haben.)
    Der klassische Lückentext ähnelt somit einem unvollständigen Puzzle, zu dem es keine Vorlage gibt. Die Zeche zahlen schlechte Englisch-Schüler natürlich viel mehr als gute. Der Autor gesteht, daß er selbst lange diesen Unsinn betrieben hat.

Lückentexte bergen aber noch eine zweite, vielleicht naheliegendere Gefahr: Ihr Sinn ist aufgrund fehlender Informationen (eben der gewünschten Wortformen) im wahren Sinne des Wortes lückenhaft, was häufig mehrere Interpretationen zuläßt. Der folgende Teil eines Lückentextes gibt Beispiele, die anschließend kommentiert werden:

School of the Air
(you/ever/look)  Have you ever looked / Did you ever look  forward to meeting your teachers again after the summer holidays? Well, there (be)   is   a boy in Australia who cannot wait for school to start again. When it is Febraury and the summer holidays (be)  are  over, it is back-to-shool time for Australian pupils. But (certain)  certain / certainly  pupils, such as six-year-old Michael Donaldson, (never meet)  will never meet / never meet  their teachers personally. [...]
  1. Das Adverb ever gibt als sogenanntes Signalwort zwar einen deutlichen Hinweis darauf, daß der Lehrer hier gerne ein Present Perfect sieht, und dieses ist für einen Schüler im schulpflichtigen Alter auch durchaus passend; eine Frau aber, die nach der Familienphase ihren Schulabschluß nachholen möchte, blickt auf ihre Schulzeit als eine längst vergangene Jugendphase zurück, was das Past nahelegt: "Did you ever ... ?"
  2. "Certain pupils", 'bestimmte' Schüler, na klar – aber Schüler wie Michael D. treffen ihre Lehrer gewiß nie persönlich, certainly!
  3. Und was spricht schließlich dagegen, über einen sechsjährigen Schulanfänger eine Aussage wahlweise im Present oder im will-Future zu treffen?

Aussagekräftig, im Sinne einer vergleichenden Leistungserhebung valide kann ein solcher Lückentext nur sein, wenn allen Testteilnehmern klar ist, was im Falle jeder einzelnen Lücke gemeint ist. Genau das aber erfordert jeweils eine zusätzliche muttersprachliche Version der einzusetzenden Form. Und die ist als "altmodisch" verpönt.

Schließlich soll noch eine dritte Variante des Lückentextes erwähnt werden, die eigentlich unschädlich ist, aber eben auch unnütz – um nicht zu sagen: überflüssig:

Fill in the correct form of the Simple Past
Last Friday Tom ________ (go) to his uncle's farm. He ____________ (arrive) [...]

Diese Aufgabe testet tatsächlich nur die unregelmäßigen Verben und die ed-Endung der regelmäßigen. Teilnehmer, die das wissen (und wer sollte das nicht verstehen), lösen diese Aufgabe ganz schnell: Sie springen von einer Lücke zur nächsten und setzen, vor allem wenn sie die unregelmäßigen Verben gelernt haben, die richtigen 2. Stammformen ein. Den Kontext können sie getrost ignorieren: Die zu findenden Wortformen sind nur scheinbar kontextabhängig. Es gilt nicht, wie oben, nachträglich Sinn zu finden, sondern völlig losgelöst von möglichem Sinn die Kenntnis der richtigen Verform zu dokumentieren.
    Natürlich macht ein Lückentext mehr her als eine Infinitiv-Liste, die nur um die Past-Form zu ergänzen ist – und genau darum scheint es auch zu gehen. Eine solche vielleicht halbseitige Mogelpackung tut keinem weh, auf gleichem Raum lassen sich aber tabellarisch mindestens doppelt so viele Verbformen testen.

Fazit

Ein Grund für die seltsamen Testtypen liegt offensichtlich in der panischen Angst mancher Sprachenlehrer, auch nur ein deutsches Wort zu viel zu schreiben und sich so dem Verdacht auszusetzen, sie machten eine (verpönte) Übersetzung: Statt also mit wenigen deutschen Worten klarzumachen, was auf Englisch ausgedrückt werden soll, verschleiern sie die Bedeutung der Übungssätze durch komplizierte englische Aufgabenstellungen, bewußt falsch geordnetes Wortmaterial und andere wirklichkeitsfremde Techniken und erwarten von ihren Schülern, daß sie die Bedeutung dessen, was sie schreiben, erst selbst ermitteln. Das entspricht nicht natürlichen Sprechakten.
    Um nicht mißverstanden zu werden: Dieser Vorwurf gilt leistungsmessenden Tests, nicht Übungen, die im Unterricht oder zu Hause gemacht werden: Ein gelegentliches Kreuzworträtsel oder Wort-Puzzle kann durchaus den Schülerblick für Wortfelder, Zeitebenen, Verb-Bezüge etc. schärfen und so den Lernerfolg kognitiv fördern. In Tests, Klassenarbeiten, Leistungsnachweisen geht es jedoch nicht mehr ums Lernen, sondern nur noch um den Nachweis der Lernerfolgs, und das heißt in erster Linie: der praktischen Sprachkompetenz. Diese Seite plädiert also dafür, Testaufgaben an der Sprachwirklichkeit zu orientieren und nur das zu bewerten, was man vorgibt zu testen.



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