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Sprachwiss. Glossar · Linguistic Glossary

A B C D E F G H I J K L M N O P Q S T U V W X Y Z · Ergänzung

Die Sprachwissenschaft bzw. Linguistik ist nicht gerade das Hobby der Durchschnittsbevölkerung. Deshalb werden in der folgenden Liste Fachwörter erläutert.

Adjektiv
Eigenschaftswort; Beispiele: gut, böse, groß, langsam etc.
Adposition
'An-Stellung' bzw. Verhältniswort: Gemeint ist zunächst die Position eines Wortes bei (vor oder/und hinter) einem Hauptwort; in zweiter Linie auch und vor allem die Kategorie bzw. Klasse solcher Wörter. Es gibt drei Arten von Adpositionen: die Präposition (ab, auf, für etc.), die Postposition (dieser Aussage zufolge etc.) und die Zirkumposition (von Amts wegen etc.).
Adverb
Umstandswort. Es gibt Adverb(i)en des Ortes ("hier, dort, oben, unten" etc.), der Zeit ("damals, heute, bald, oft" etc.), der Art und Weise ("anders, genug, gern, glücklicherweise, nur, so, sehr, vielleicht" etc.) und des Grundes im weiteren Sinne ("daher, dazu, somit, trotzdem" etc.).
Adverbial(e), adverbiale Bestimmung
Umstandsbestimmung. Es gibt verschiedene Typen der adverbialen Bestimmung, nämlich Adverbialia des/der ...
  • Ortes (Lokaladverbial): am Tisch, im Garten, vor dem Haus
  • Zeit (Temporaladverbial): am Sonntag, gegen vier Uhr
  • Art und Weise (Modaladverbial): mit großer Mühe, mit Raffinesse
  • Grundes (Kausaladverbial): aufgrund dieser Bestimmungen, wegen Bauarbeiten
  • Mittels (Instrumentaladverbial): mit einem Akkuschrauber, mittels ihrer Sprachkenntnisse
  • Zwecks (Finaladverbial): zwecks Aufbesserung seines Gehaltes
  • Bedingung (Konditionaladverbial): bei Streik, bei Regen
  • Folge (Konsekutivadverbial): so daß sie den Bus verpaßte
  • Gegengrunds (Konzessivadverbial): trotz seiner Müdigkeit
  • Gegensatzes (Adversativadverbial): (an)statt daß er noch ′mal nachfragte
Akkusativ
siehe Kasus.
Allograph
Grapheme bzw. Buchstaben, die denselben Laut wiedergeben, aber eine voneinander abweichende Form aufweisen (vgl. Allophon).
Allomorph
Morphem-Variante, die von der phonologischen, grammati(kali)schen oder lexikalischen Umgebung abhängt. Das t als Kennzeichen der 3. Person Singular etwa tritt nach t und d als -et auf (Beispiele: "Sie leidet", "er meidet ..."), nach den übrigen Konsonanten aber als -t ("Sie macht, er sagt ...").
Allophon
kombinatorische, von der lautlichen Umgebung abhängige Variante eines Phonems; Beispiel: der jeweils anders artikulierte ch-Laut in "ach" und "ich".
Analphabet
'Des Lesens und Schreibens Unkundiger'. Der Begriff setzt eine Vorstellung von 'richtiger' Schreibweise (Orthographie) voraus, welche die deskriptive Sprachwissenschaft von der allgemeinen Schreibpraxis der jeweiligen Sprachgemeinschaft ableitet, und er ist nicht absolut zu definieren, da graduelles Analphabetentum häufig ist und kaum jemand wirklich sicher und fehlerfrei schreibt.
    Durch die zwangsreformierte Schulschreibung ist der Begriff noch schwieriger geworden: Wenn ein Analphabet nur jemanden meint, der nicht richtig schreiben kann, so wie die Sprach- und Schreibgemeinschaft, der er / sie angehört, es praktiziert, dann werden unsere Erstklässer seit kurzem zu Analphabeten herangebildet; wenn auch jemand gemeint sein sollte, der zwar richtig schreiben kann, sich aber dennoch – aus welchen Gründen auch immer – gegen die allgemeingültige Schreibnorm verhält, dann wären auch Beamte, viele Politiker, Redakteure etc. Analphabeten. Siehe auch funktionaler Analphabetismus.
    Da sich das Wort Analphabetismus von alphabetischen, also Buchstaben-Schriften ableitet, wird im Falle nichtalphabetischer Schriften wie des Chinesischen oft der Begriff Illiteralität verwendet (im Englischen: illiteracy).
Anglizismus
'aus dem Englischen übernommene sprachliche Eigentümlichkeit', also ein Lehnwort, eine Lehnbedeutung, die ein deutsches Wort vorher nicht hatte, eine grammatische Lehnstruktur etc.
Antonomasie
'Umschreibung eines Eigennamens durch eine Eigenschaft oder eines Gattungsbegriffs durch einen Eigennamen'; Beispiel: Der fünfte Kontinent für 'Australien'.
Antonym
'Wort gegensätzlicher Bedeutung'; Mehrzahl: Antonyma; Gegenteil: Synonym; Begriff der lexikalischen Semantik. Antonyma und Synonyma treten als Gegensatzpaare auf, z. B.: Diachronie & Synchronie.
Appellativum
Gattungsbegriff; ein Nomen, das Dinge bezeichnet, die mehrmals vorkommen (Beispiele: Frau, Mann, Land, Stadt). Gegenteil (Antonym): Eigenname (Beispiele: Birgit, Georg, Deutschland, München).
Apposition
Beifügung, ein substantivisches Attribut, das ein Substantiv oder Pronomen näher erläutert; Beispiel: "Günter Grass, der diesjährige Nobelpreisträger, besprach seinen neuen Roman."
Artikel
in der Sprachwissenschaft Geschlechtswort bzw. Begleiter eines Substantivs; bestimmte Artikel sind der, die, das, unbestimmte ein, eine.
Attribut
Beifügung, 'einem Substantiv, Adjektiv oder Adverb beigefügte Bestimmung'; Beispiele: "der alte Mann", "sehr alt", "ziemlich selten".
Aspekt
Blickrichtung, morphologische Aktionsart eines Verbs, neben dem Tempus eine weitere verbale Kategorie. Der Aspekt kann z. B. das Andauern, die häufige Wiederholung, die Gewohnheit, das Ergebnis einer Handlung etc. ausdrücken. Ein Aspekt ist die Verlaufsform, also das im Englischen bekannte continuous bzw. progressive ("I am reading.") oder die im Deutschen immer noch von Deutschlehrern bekämpfte Rheinishe Verlaufsform: "Ich bin am Lesen" etc.; die angeblich bessere, "hochsprachliche" Formulierung "Ich lese gerade" entspricht mit dem Adverb gerade der lexikalischen Aktionsart.
Auslautverhärtung
'harte Aussprache eines ansonsten weichen Konsonanten am Ende einer Silbe bzw. eines Wortes'. Am Wortende gibt es z. B. im Deutschen kein [b], [d] oder [g]: Das Wort Hand etwa wird trotz des geschriebenen d am Ende [t] ausgesprochen, währen englisch hand am Ende ein weiches [d] verlangt.
Begriff
Das Wort kommt von begreifen und wird hier im engeren Sinne nicht im Sinne von (gesprochenem oder geschriebenem) 'Wort' verwendet, sondern für eine 'Vorstellung' (eben einen "Begriff"), die man sich von etwas macht. Begriffe werden durch Wörter bzw. Bezeichnungen (genauer: Bezeichner) ausgedrückt, sind also die Bedeutungen dieser Wörter, und werden hier durch Hochkommata ('Begriff') dargestellt.
Bilderschrift
auch: Piktographie: Schrift, die sich bildlicher Darstellungen bedient, wie sie heute als Piktogramme verwendet werden.
Dativ
siehe Kasus.
Deklination
Beugung: in der Sprachwissenschaft die Formveränderungen von Substantiven, Artikeln, Adjektiven, Pronomen und Numeralen, durch die die Funktionen der Satzteile ausgedrückt werden. Beispiele: Der Mann, des Mannes, dem Manne, den Mann etc.
Demonstrativadjektiv · Demonstrativpronomen
hinweisendes Eigenschaftswort bzw. Fürwort. Beispiele: dieser, diese, dieses, jener, jene, jenes. Beide Kategorien werden häufig verwechselt, ein Demonstrativadjektiv steht jedoch als Attribut vor einem Substantiv (Hauptwort), während ein Demonstrativpronomen alleine steht; Beispiele: "Dieses Buch gefällt mir." (= Demonstrativadjektiv) – "Dieses gefällt mir." (= Demonstrativpronomen)
Deskriptive Sprachwissenschaft
moderne Sprachwissenschaft, die eine Sprache mit wissenschaftlichen Methoden so analysiert und beschreibt, wie sie zu einem bestimmten Zeitpunkt tatsächlich ist, nicht wie sie aus subjektiver, sprachsystematischer Sicht sein sollte.
Dialekt
Mundart: räumliche bzw. diatopische Variante einer Sprache; Dialekte sind nicht das Gegenteil einer "Hochsprache", vielmehr sind "Hoch-, Schrift- bzw. Standardsprachen" selbst lediglich Dialekte, die aus unterschiedlichen Gründen als allgemeinverbindlich erachtet werden, oder teilweise auch Kunstsprachen, die auf einem Dialekt beruhen. Die Grenze zwischen Dialekt und Sprache ist fließend und Definitionssache.
diaphasisch
Sprache variiert u. a. diaphasisch, d. h. phasenspezifisch, also abhängig von der Lebensphase, vor allem dem Alter (dia = 'geteilt' + phasisch = '(Lebens-)Abschnitt-bezogen').
diasituativ
Sprache variiert u. a. diasituativ, d. h. situationsabhängig, also stilistisch (dia = 'geteilt' + situativ = 'lagen-' bzw. 'situationsbezogen').
diastratisch
Sprache variiert u. a. diastratisch, d. h. schichtspezifisch, also durch Soziolekte (dia = 'geteilt' + stratisch = 'geschichtet, schichtbezogen').
diatopisch
Sprache variiert u. a. diatopisch, d. h. räumlich, also durch Dialekte (dia = 'geteilt' + topisch = 'örtlich').
Diachronie
historische Sprachbetrachtung, Untersuchung mehrerer Sprachstände durch mehrere (alle oder definierte) Zeitebenen. Die Diachronie ist der Grundbegriff der Historischen Linguistik und ein Begriff aus der Terminologie Ferdinand de Saussures. Gegenteil (Antonym): Synchronie.
Digraph
'zwei oder mehr Buchstaben, die zusammen nur einen Laut darstellen'; deutsche Beispiele: ch, sch, ph, th. (Die phonetische Transkription für ch und sch ist mit üblichen Zeichensätzen nicht möglich; ch repräsentiert zwei Laute: vergleiche ich und ach!) Auch Doppel- und Dreifachkonsonanten sind praktisch Digraphen, obwohl sie in der deutschen Rechtschreibung eigentlich (und keineswegs logisch) die Kürze des vorangehenden Vokals anzeigen.
Diphthong
Doppelvokal, doppelter Selbstlaut derselben Silbe; Beispiele: [au], [ai], [eu], [oi]. Den Diphthong [ei] gibt es im Standarddeutschen nicht, so daß ei (etwa in eitel) keine phonetische Schreibung ist. Diphthonge entstehen durch Brechung eines langen einfachen Vokals – vergleiche gut in standarddeutscher und bayerischer Aussprache: [gu:t] – [guat].
Eigenname
Name eines Menschen, eines Ortes, einer Firma, Institution etc., der bzw. die – zumindest in einem gegebenen Kontext – nur einmal vorkommt (Beispiele: Birgit, Georg, Deutschland, Microsoft). Gegenteil (Antonym): Appellativum. In älteren linguistischen Schriften wird Name auch als Synonym für Appellativum benutzt.
Ellipse
'Auslassung': in der Wortbildung die Auslassung eines konstituierenden Teils eines zusammengesetzten Wortes (z. B. Alt für Altbier), in der Rhetorik die Auslassung von Wörtern oder Satzteilen, so daß unvollständige Sätze (sog. Satzellipsen entstehen. Beispiele: Das Ende ist gut, also ist alles gut! · Je eher man es tut, desto besser! · Leerdamer Käse · Ist hier Noch jemand ohne Fahrschein? · Tu das Ohne wenn und aber! · Möchten Sie Sonst noch etwas? · Was geschieht nun?
Etymologie
Disziplin der historisch-vergleichenden Sprachwissenschaft, die Ursprung und Geschichte der Wörter einer Sprache erforscht und deren Form- und Bedeutungsänderungen dokumentiert und zu erklären versucht; ursprünlich die "Lehre von der wahren Bedeutung".
Fünf Beispiele: Die Bahre ist mit Bürde, Gebaren, Gebärde, gebären und Geburt verwandt und leitet sich von einem althochdeutschen bara = 'tragen', ab; der Kaiser stammt vom lateinischen Caesar ab, der vermutlich von caedere = 'fällen' ('töten') gebildet wurde; das Quentchen geht auf lateinisch quintus zurück, das 'der fünfte Teil' bedeutet; der englische Butler war einmal der französische 'Mundschenk', denn bouteiller kommt von bouteille = 'Flasche', und englisch town ('Stadt') ist mit dem deutschen Zaun verwandt.
Flexion
Beugung, Formveränderung eines Wortes (Konjugation oder Deklination) zur Kennzeichnung einer grammatischen Kategorie wie Genus, Numerus, Kasus, Tempus.
Fremdwort
Wort aus einer anderen Sprache, auch einer nur wenigen Eingeweihten bekannten Fachsprache (Soziolekt), das von der Durchschnittsbevölkerung als fremd empfunden wird, nicht oder nur ansatzweise verstanden und nicht in ihren produktiven Wortschatz aufgenommen wird.
Funktionaler Analphabet(ismus)
Funktionaler Analphabetismus (auch: Illetrismus) ist die Unfähigkeit, eine Schrift im Alltag so zu gebrauchen, wie es im sozialen Kontext als selbstverständlich gilt. Funktionelle Analphabeten sind folglich Menschen, die zwar Buchstaben erkennen und auch ihren Namen und einige einfache Sätze schreiben könne, aber den Sinn eines längeren oder komplizierten Textes (Behördenschreiben, Bedienungsanleitungen, Warnhinweise) nicht oder nicht so schnell und mühelos verstehen, daß sie im Alltag damit bestehen können.
    Die vorausgehende Definition ist nicht besonders scharf: Auf niedrigem Niveau gibt es Menschen, die kaum ein Straßenschild entziffern können, auf hohem Niveau agieren jene "Rechtschreibreformer", Politiker und Bürokraten, die aus Dummheit (oder Kalkül?) mit der Schreibung auch die Bedeutungen von Wörtern verändern, also etwa nicht zwischen allgemeinbildend und allgemein bildend, im allgemeinen und im Allgemeinen, wildlebenden und wild lebenden Tieren etc. unterscheiden können.
Gapping
'Lückenbildung': das Auslassen des Subjekts oder Prädikats in einem zweiten, gleichgestellten Satzteil: Ich lese und ich verstehe nichts.Er ißt eine Pizza, sie ißt einen Salat.
Genitiv (veraltet: Genetiv)
siehe Kasus.
Genus
grammatisches Geschlecht. Beispiel: das natürliche Geschlecht eines Mädchens ist weiblich, grammatisch ist das Mädchen aber neutral bzw. Neutrum.
Gestik
Gebärdensprache, hier im Sinne einer 'willkürlichen gestischen Zeichensprache' verwendet.
Glottal
Stimmritzen- bzw. Kehlkopflaut, auch: Knacklaut, harter Vokaleinsatz. Beispiel: die explosiven Laute am Anfang von ach und Ort.
Grammatik
sprachwissenschaftliche Disziplin, die die Sprachstruktur, die Funktionen sprachlicher Formen im Satz beschreibt; auch die Sprachstruktur selbst; im weiteren Sinne auch eine bestimmte wissenschaftliche Beschreibung einer Sprache durch einen Autor oder eine sprachwissenschaftliche Richtung, auch als Buch (deskriptive Grammatik); schließlich auch ein Lehrwerk, das verbindliche Regeln für den "richtigen" Sprachgebrauch aufstellt (normative bzw. präskriptive Grammatik).
Graph
sprachwissenschaftlich: Zeichen, siehe dort.
Graphem
in der Graphemik bzw. Graphematik kleinste bedeutungsunterscheidende Einheit in einem Schriftsystem, Pendant zum Phonem in der Phonologie. Ein bestimmtes Graphem ist nicht prinzipiell die sichtbare, schriftliche Entsprechung eines bestimmten Phonems: [f] kann z.  f oder ph entsprechen, und mit sch wird im Deutschen der Zischlaut am Anfang von Schule dargestellt.
Graphemik bzw. Graphematik
sprachwissenschaftliche Disziplin von den Schriftzeichen als bedeutungsunterscheidenden Merkmalen, die nach den Methoden der Phonologie vorgeht.
Heterograph
Im Gegensatz zu Homograph ist ein Heterograph ein Wort unterschiedlicher Schreibung und Bedeutung und oft auch Aussprache; Beispiele sind Getrennt- und Zusammenschreibungen wie wohlbekannt für 'gut bzw. durchaus bekannt' und wohl bekannt für 'vermutlich bekannt'.
Hochdeutsch
1. Gegenteil von Niederdeutsch; 2. Standarddeutsch, Schriftdeutsch, dt. Gemeinsprache. In seiner geographischen Bedeutung (1) meint das Hochdeutsche die dt. Dialekte südlich der sog. Benrather Linie, während das Niederdeutsche bzw. Plattdeutsche die Dialekte nördlich dieser Sprachgrenze umfaßt, die die Zweite dt. Lautverschiebung nicht mitgemacht haben und daher dem Niederländischen und Englischen näher stehen als das Hochdeutsche. In seiner soziolektalen Bedeutung (2) wird Hochdeutsch von Laien oft wertend als das 'bessere Deutsch' verwendet. Um sowohl diese wertende wie auch die geographische Bedeutung zu vermeiden, wird hier die Bezeichnung Standarddeutsch bevorzugt.
Homograph
Homographe im engeren Sinne sind Wörter gleicher Schreibung, aber (unterschiedlicher Bedeutung und) verschiedener Aussprache; Beispiel: modern für 'faulen' und 'neuzeitlich' bzw. 'fortschrittlich'. Im weiteren Sinne könnte man auch die beiden Bälle ('Spielball' und 'Tanzfest') als Homographe, also gleich geschriebene Wörter bezeichnen.
Homonym
Wörter gleicher Lautung (also Homophone), aber mit (unterschiedlicher Bedeutung und) verschiedener Wortgeschichte oder starker Bedeutungsdifferenzierung; Beispiele: Ball für 'Spielball' und 'Tanzfest', kosten für 'probieren' und 'wert sein', Feder für 'Vogelfeder' und (spiralförmige) 'Metallfeder'.
    Wenn Homonyme aufgrund ihrer unterschiedlichen Bedeutungen das Textverständnis behindern, "kollidieren" sie, und die Sprachwissenschaft spricht von einer Homonymenkollision bzw. einem Homonymenkonflikt, der zum Verschwinden eines Wortes führen kann. Das Wörtchen ob z. B. kommt umgangssprachlich nur noch als Konjunktion (zur Einleitung eines Nebensatzes) vor, während es als homonyme Präpositionen (1. 'wegen', 2. 'oberhalb von, über') nur noch literarisch interessierten Lesern bekannt ist.
Homophon
Homophone im engeren Sinne sind Wörter gleicher Lautung, aber unterschiedlicher (Bedeutung und) Schreibung; Beispiele: Kuh und Coup, Mohr und Moor, seid und seit, Tip und Tipp, für viele Deutsche auch Lerche und Lärche etc. Im weiteren Sinne sind auch der Ball ('Spielball' und 'Tanzfest') und der bzw. das Bauer ('Farmer' und 'Vogelkäfig') homophon, also 'gleichklingend'.
    Die zwangsreformierte Schulschreibung zielt offensichtlich darauf, die unterschiedliche, also bedeutungsdifferenzierende Schreibung der Homophone im engeren Sinne aufzuheben, sie also zu Homographen gleicher Aussprache zu machen; Beispiele: allein stehend, nichts sagend, Tipp, gräulich, wohl bekannt etc.
Homophonie
homophone Beziehung zwischen Wörtern (in der Musik das Gegenteil von "Polyphonie")
Idiolekt
im Gegensatz zum Soziolekt und Dialekt das Sprachverhalten eines einzelnen Sprechers einer Sprache. Alle Idiolekte einer Sprachgemeinschaft machen ihre Sprache aus.
Illetrismus
siehe oben: funktionaler Analphabetismus
Indefinitpronomen
unbestimmte Pronomen, also Fürwörter, die hinsichtlich Genus (andere, alle, eines, ein paar, einzelne, etwas, jemand, man, manche, mehrere, nichts, niemand etc.) und Numerus (jeder, kein, mancher, wer etc.) unbestimmt sind. Wörter aus der Gruppe der Indefinitpronomen können auch anderen Wortklassen angehören: "Einer hat gemogelt." (Indefinitpronomen) – "Ein Mitspieler hat gemogelt." (Zahlwort: ein, nicht zwei) – "Ein Mitspieler hat das Glas umgeworfen." (kein bestimmter, irgendeiner). In konventioneller Rechtschreibung werden – anders als in zwangsreformierter Schulschreibung – Indefinitpronomen klein geschrieben, während substantivisch gebrauchte Adjektive ("Wir müssen vom Einzelnen zum Gesamten kommen") groß geschrieben werden.
Infinitiv
Uneingeschränkte Verbform, die Grundform des Verbs, die nicht durch Konjugation (Person), Tempus etc. begrenzt (finit) bzw. beeinflußt ist. Wörterbucher führen üblicherweise die Infinitive der Verben auf: lesen, schreiben, rechnen etc.; konjugierte oder Tempus-Formen sind dort Ausnahmen: liest, las.
Interferenz
in der Sprachwissenschaft die Beeinflussung einer Sprache durch eine andere; Beispiel: Anglizismen.
Interjektion
Ausruf; Beispiele: ach! oh!.
Interpunktion
'Trennung durch Punkte', Gliederung eines geschriebenen Textes durch graphische Zeichen zur Darstellung von Betonung, Pausen und (sich daraus ergebender) Bedeutung: Punkt, Komma, Ausrufe- und Fragezeichen, Doppelpunkt, Semikolon, Anführungszeichen ("Gänsefüßchen"), Binde-, Strecken- und Gedankenstrich, Klammern, oft auch Gleichheitszeichen (=).
Kardinalzahl
Grundzahl. Beispiele: eins, zwei, drei, vier etc. Gegenteil: Ordinalzahl.
Kasus
grammatische Kategorie des Falles. Vier Fälle unterscheidet man im Deutschen:
1. Fall bzw. Nominativ bzw. Subjektfall; Beispiel: der Mann, die Männer;
2. Fall bzw. Genitiv bzw. Possessiver Fall; Beispiel: des Mannes, der Männer
3. Fall bzw. Dativ bzw. indirekter Fall; Beispiel: dem Mann(e), den Männern
4. Fall bzw. Akkusativ bzw. direkter Fall; Beispiel: den Mann, die Männer.
Kompositum
'zusammengesetztes Wort'; Mehrzahl: Komposita. Ein bekanntes und extremes Beispiel ist der "Donaudampfschiffahrtsgesellschaftskapitän". Man kann im engen Sinne orthohraphische Komposita, die sich nur auf die Schreibung beziehen, von sprachlichen Komposita im allgemeinen Sprachsinne unterscheiden, die auch dann einen Begriff darstellen, wenn dieser nicht zusammengeschrieben wird: Benutzerfreundlich bleibt auch dann ein Kompositum, wenn es falsch auseinandergeschrieben wird.
Konjugation
Beugung: in der Sprachwissenschaft die Formveränderungen des Verbs vor allem durch die Person, Numerus (Singular / Plural), Tempus (Zeitform: Präsens etc.), Modus (Indikativ / Konjunktiv / Imperativ) und Genus (grammatisches Geschlecht).
Konjunktion
in der Sprachwissenschaft Bindewort: Wort, das Satzteile oder Sätze miteinander verbindet; Beispiele: wie, indem ("modale"), denn, weil ("kausale"), dazu, damit ("finale Konjunktion").
Konsonant
Mitlaut, also ein Laut, der mit einem Vokal ausgesprochen wird: [b, c, d, f, g, h, k, l, m, n, p, q, r, s, t, v, w, x, (y), z].
konventionell
vereinbart, vereinbarungsgemäß: Dieses Wort wird häufig als Synonym zu 'traditionell' oder gar 'alt' verwendet, was aber die Bedeutung nicht vollständig wiedergibt: Es ist von "Konvention" abgeleitet, was 'Vereinbarung' bedeutet (Beispiel: "Genfer Konvention"). Daß Schrift konventionell ist, bedeutet also, daß ihre Zeichen auf einer Vereinbarung bzw. Zustimmung ihrer Benutzer beruhen. Am deutlichsten sieht man das bei einer Geheimschrift, die nur von Eingeweihten verstanden wird, die sich auf diese Schrift verständigt haben; konventionell ist Schrift aber auch, wenn Schulkinder sich an eine bestehende (!) Schriftnorm der Erwachsenen anpassen, weil ihre Eltern als Erziehungsberechtigte und in ihrem Auftrag der Staat diese für die nächste Generation ausdrücklich oder stillschweigend vereinbart bzw. nur fortgeschrieben haben. Nicht konventionell ist eine Schreibung hingegen dann, wenn eine neue Schreibung erfunden und der Bevölkerung oder der nächsten Schulgeneration zwangsweise aufgedrückt wird.
Kopulaverb
Kopulaverben nehmen in ihrer Funktion eine Mittelstellung zwischen Hilfsverben und Vollverben ein: sein, werden, bleiben, heißen, scheinen, aussehen. Sie verbinden das Subjekt des Satzes mit einem Nomen im Nominativ (1. bzw. Wer-Fall) oder einem Adjektiv in einer nicht flektierten ('gebeugten') Form. Zusammen mit dieser Ergänzung bildet ein Kopulaverb das Prädikat. Beispiel: "Er ist Professor / schlau."
Langue
(mit nasalierten a, hörbarem g und ohne u gesprochen) die französische Bezeichnung, die der Linguist Ferdinand de Saussure 1916 in seinem Werk Cours de linguistique générale (Grundfragen der allgemeinen Sprachwissenschaft, 1967) für das Sprachsystem als ein regelhaftes System von Zeichen einführte.
Lautschrift, Lautschreibung
auch: phonetische (Um-)Schrift bzw. phonetische Transkription. Die Lautschrift im engeren, wissenschaftlichen Sinne gibt wieder, wie die Wörter einer Sprache (auch ihrer Dialekte) ausgesprochen werden; sie ist viel genauer als eine überlieferte auf der Lautung beruhende Rechtschreibung einer Sprache, da sie für denselben Laut immer dasselbe Zeichen verwendet. Die bekannteste Lautschrift ist die "Internationale Lautschrift" der Association Phonétique Internationale, abgekürzt "API" bzw. englisch "IPA", die auch eine Reihe Spezialzeichen verwendet, die in der deutschen oder anderen europäischen Schriftsprachen unbekannt sind.
(In dieser Website werden allerdings für Laute nur solche Buchstaben verwendet, die auf allen deutschen Bildschirmen darstellbar sind.)
    Eine "Lautschrift", die nicht die Lautung darstellt, sondern – wie die europäischen Schriftsprachen – einzelne Laute bzw. Phone (nicht Silben oder Wörter) schriftlich wiedergibt, wird etwas unpräzise als "Buchstabenschrift" bezeichnet.
Lautsprache
gesprochene, mündliche Sprache. Der mündliche bzw. "gesprochene" (phonetische, akustische) Ausdruck einer Sprache ist (vielleicht zusammen mit der Gebärdensprache) der ursprüngliche Ausdruck einer Sprache und kommt statistisch viel häufiger vor als der erst spät entwickelte schriftliche Ausdruck, die Schriftsprache.
Legasthenie · legasthen(isch), Legastheniker
angeborene Lese- und Schreibschwäche; ein an Legasthenie Leidender ist legasthen bzw. legasthenisch und ein Legastheniker.
Lehnwort
ein aus einer anderen Sprache entlehntes, also in der eigenen Sprache vertrautes und gebräuchliches Wort. Die meisten als "Fremdwörter" bezeichneten Wörter sind in Wirklich 'Lehnwörter'.
Lemma
Stichwort in einem Nachschlagewerk (Lexikon).
Lexem
auch lexikalisches Morphem: kleinste Einheit des Wortschatzes bzw. Lexikons, der Stamm eines Wortes ohne Endung bzw. grammatisches Morphem; Beispiele: Buch (nicht Buches, Bücher, Büchern), les (nicht lesen, lese, liest, lest).
Lexik
Wortschatz, Wortbestand einer Sprache oder einer Fachsprache, also die Gesamtheit aller ihrer Wörter bzw. Lexeme; auch: Lexikon.
Lexikon
Buch, das den Wortschatz einer Sprache oder Wissensgebiete auflistet; Wörterbuch; auch: Wortschatz, also die Gesamtheit aller Wörter bzw. Lexeme einer Sprache, ihre Lexik.
Linguistik
Sprachwissenschaft; im engeren Sinne auch solche Richtungen, die spekulative, psychologisierende oder historisierende Ansätze vermeiden und die Systemhaftigkeit einer Sprache untersuchen.
Methapher
bildlicher Ausdruck, genauer: ein um das wie verkürzter Vergleich. Du bist störrisch wie ein Esel! ist ein Vergleich; Du Esel! ist hingegen eine Metapher.
Morph
kleinste bedeutungstragende Form der individuellen Anwendung einer Sprache (also der Parole), die durch die Zerlegung von Wörtern sichtbar wird.
Morphem
auch: Monem: kleinste bedeutungstragende Form eines Sprachsystems (einer Langue), meist zwischen Schrägstrichen notiert (also ein dem Phonem sehr ähnlicher Begriff, der aber von dessen Lautcharakter abstrahiert). Morpheme sind ganze Wörter oder Teile (Stamm und Endung) von Wörtern. Freie Morpheme sind unabhängige Wörter, gebundene Morpheme sind Suffixe.
Nomen
Hauptwort, siehe Substantiv.
Nominativ
siehe Kasus.
Normative Grammatik
präskriptive bzw. vorschreibende Grammatik, die verbindliche Regeln für den "richtigen" Sprachgebrauch aufstellt.
Numerus
grammatische Kategorie der Anzahl, also Singular (Einzahl) oder Plural (Mehrzahl); Beispiel: das Buch – die Bücher.
Objekt
siehe Subjekt und Präpositionalobjekt
Onomatopöie
Lautmalerei: 'Lautnachahmung durch Sprache'. Beispiele: Kuckuck für den weithin hörbaren Vogel, der seine Eier in fremde Nester legt, Wauwau für 'Hund'.
Ordinalzahl
Ordnungszahl. Beispiele: erste(r/s), zweite(r/s), dritte(r/s) etc. Gegenteil: Kardinalzahl.
Orthographie
Rechtschreibung: Diese engt die verschiedenen denkbaren und vielleicht früher einmal praktizierten Schreibmöglichkeiten auf jeweils eine (selten auch zwei oder gar drei) 'richtige' Schreibung ein mit dem Ziel, in einer Schreibgemeinschaft übereinstimmende Schreibweisen zu erreichen und die schriftliche Verständigung dadurch zu erleichtern.
Parole
(mit offenem o und ohne e am Ende gesprochen) die französische Bezeichnung, die der Sprachwissenschaftler Ferdinand de Saussure für die konkrete Rede, also die individuelle Sprachverwendung einführte.
Partikel
nicht deklinierbares Wort, Oberbegriff zu vier Wortarten: Adverb ("jetzt"), Präposition ("vor"), Konjunktion ("und") und Interjektion ("ach!").
Partizip
Mittelwort des Verbs. Es gibt zwei Partizipien: 1. Das Partzip (des) Präsens endet auf end oder (bei Lehnwörtern) auf ant: "aufregend, laufend, interessant, amüsant" etc. (Im Englischen ist, wie allen Schülern bekannt, die Endung ing üblich, wie sie auch in der sog. Verlaufsform vorkommt: "exciting, I'm running.") 2. Das Partzip (des) Perfekt(s) entspricht der dritten Stammform, wie sie in zusammengesetzten Zeitformen vorkommt: "aufgeregt, gelaufen, interessiert, amüsiert" etc.
Phon
in der Linguistik die kleinste gesprochene und identifizierbare Lauteinheit, das als Bedeutungsträger Phonem genannt wird.
Phonem
kleinste bedeutungsunterscheidende Lauteinheit einer Sprache.
Phonematik, Phonemik
andere Wörter für Phonologie
Phonetik
Teilgebiet der Linguistik: Wissenschaft vom sprachlich verwendeten Lautsignal; auch: Lautung.
Phonetische Schrift
auch: phonetische Transkription bzw. Lautschrift (s. o.).
Phonographie
Lautschrift im weiteren Sinne, die nicht Vorstellungen des Sprechers optisch darstellt, sondern seine Sprache, und zwar entweder ganze Wörter oder nur Silben oder gar nur Laute. Der Übergang von einer Silben- zu einer echten Lautschrift erfolgte erst im griechischen Alphabet (ca. 9. Jahrhundert v. Chr.), das sich von der phönikischen Schrift ableitet und erstmals Vokale darstellte.
Phonologie
auch: Phonemik, Phonematik. Sprachwissenschaftliche Disziplin, die Phoneme hinsichtlich ihrer Funktion untersucht, Wörter voneinander zu unterscheiden.
Phönikische Schrift
ca. 1200 v. Chr. an der libanesisch-pälästinensischen Küste entstandene Schrift, die nur Konsonanten darstellte und aus der das hebräische und arabische Alphabet hervorgingen.
Piktographie
Bilderschrift (siehe dort) im Gegensatz zur Wort-, Silben- oder Buchstabenschrift (wobei letztere hier die Darstellung einzelner Laute meint).
Plural
Mehrzahl. Beispiele: "Frauen" im Gegensatz zu "Frau", "sie schreiben" im Gegensatz zu "sie schreibt"; Gegenteil: Singular.
Possessivadjektiv bzw. -artikel (bzw. -pronomen)
besitzanzeigendes Eigenschaftswort bzw. besitzanz. Begleiter bzw. besitzanz. Fürwort. Die beiden Begriffe Possessivadjektiv bzw. -artikel einerseits und Possessivpronomen andererseits werden häufig verwechselt, ein Possessivadjektiv bzw. -artikel steht jedoch als Attribut vor einem Substantiv (Hauptwort), während ein Possessivpronomen alleine steht. Possessivadjektive bzw. -artikel sind: mein, Dein/dein, sein, unser, Euer/euer, ihr, die dazugehörenden Possessivpronomen sind: meins, Deins/deins, seins, unser(e)s, Euers/euers, ihrs.
Postposition
'Nach-' bzw. 'End-Stellung': eine nachgestellte Adposition, ein nach dem deklinierten Substantiv stehendes Verhältniswort. Beispiele mit Genitiv: der Einfachheit halber, mit Dativ: meiner Meinung nach/zufolge, mit Akkusativ: den Weg entlang. Manche Postpositionen sind auch Präpositionen, z. B. entlang.
Prädikat
Im Deutschen ein Verb oder eine Wortgruppe aus Verb und Adverb oder Adjektiv. Die Wortgruppe kann zusammenhängend sein (Ich bin froh.) oder andere Satzelemente umschließen (Ich habe Dich gesehen.)
Prädikativ
Ergänzung zum Subjekt oder Objekt: Ein Prädikativ zum Subjekt bildet zusammen mit einem Verb wie sein, werden, bleiben, heißen, scheinen, aussehen ein mehrteiliges Prädikat. Beispiele: "Er ist Professor / schlau." Prädikative zum Objekt sind zum Beispiel: "Wir halten ihn für einen Professor / für schlau." "Sie nannten ihn ein Genie / , was sie schon immer gedacht hatten."
Präfix
Vorsilbe, die im Deutschen Wörter bildet und die Bedeutung eines Lexems abwandelt; Beispiele: schreiben, abschreiben, anschreiben, beschreiben, unterschreiben, verschreiben, vorscheiben.
Pragmatik
Linguistische Disziplin, die sprachliches Handeln und die Verwendung von Sprache erforscht, also welche Arten von "Sprachhandlungen" ein Sprecher einsetzt. Einer ihrer Begründer, J. L. Austin, formulierte 1962 griffig, die Pragmatik suche Antworten auf die Frage How to do things with words? (Wie kann ich mit Worten etwas tun?).
Präposition
Verhältniswort. Beispiele: ab, auf, für, durch, nach, neben, über, unter, vor. In das Buch auf dem Tisch kennzeichnet auf ein örtliches Verhältnis zwischen Buch und Tisch.
Präpositionalobjekt
Objekt, das sich auf ein Verb mit Präposition bezieht, die durch das Verb festgelegt ist und im Kontext die besondere Bedeutung des Verbs bestimmt. Man kann ein Präpositionalobjekt mit wen oder wem/wer/was (oder wonach, woran, worauf etc.) erfragen: a) "Ich denke an Dich!" (an wen, woran?) – b) "Sie fragt nach seiner Absicht." (nach wer/was, wonach?)
    Nicht zu verwechseln ist das Präpositionalobjekt mit einer adverbialen Bestimmung, etwa des Ortes: "Er wartet auf den Stuhl." (daß er geliefert wird – auf wen, worauf?); aber: "Sie wartet auf dem Stuhl." (wo, an welchem Ort?)
Produktiver Wortschatz
Gesamtheit der Wörter, die ein Sprecher nicht nur kennt und versteht, sondern auch selbst verwendet; manchmal etwas unpräzise auch als "aktiver" Wortschatz bezeichnet.
Pronomen
Fürwort: ein Wort, das für eine Person, Sache, Handlung, Eigenschaft etc. steht und ein Substantiv bzw. Hauptwort ersetzt; Beispiel: ich, du, er, sie, es, wir, ihr, sie.
Redundanz
'Wiederholung, Überflüssigkeit': die eigentlich nicht notwendige mehrfache Bezeichnung eines Begriffs oder Kennzeichnung einer grammatischen Kategorie; lexikalisches Beispiel: "frank und frei", grammatisches Beispiel für Kasus: "des Vaters". Redundanz liegt auch vor, wenn z. B. das i vor einem Doppelkonsonant kurz gesprochen und einfach geschrieben ("mitten"), vor einfachem Konsonant ("mieten") aber zusätzlich durch ein e (Längungsvokal) ergänzt werden soll.
Register
in der Sprachwissenschaft Bezeichnung für die Ausprägungen einer Sprache, vor allem Soziolekte und Dialekte, zu denen auch die Standard- bzw. Hochsprache zählt. Zur guten Beherrschung einer Sprache gehört auch die Kenntnis mehrerer Register: Jeder gebildete Erwachsene weiß, wie er sich sprachlich jeweils angemessen gegenüber Freunden, Bekannten, Arbeitskollegen, Vorgesetzten verhalten sollte; dazu gehört im Deutschen auch die Frage, ob man jemanden "duzt" oder "siezt".
Relativadverb
bezügliches Umstandswort: Adverb, das einen Relativsatz einleitet und diesen mit dem Hauptsatz verbindet. Beispiele: wo, wann, wie, weswegen.
Relativpronomen
bezügliches Fürwort: Pronomen, das einen Relativsatz einleitet und diesen mit dem Hauptsatz verbindet. Beispiele: der, die, das, welcher, welche, welches.
Relativsatz
Nebensatz, der durch ein Relativpronomen oder Relativadverb eingeleitet wird. Beispiele: "Das Buch, das ich gerade lese, gefällt mir gut." "Weißt Du noch, wo Du es gekauft hast?"
Rezeptiver Wortschatz
Gesamtheit der Wörter, die ein Sprecher kennt und versteht, ohne sie deshalb selbst benutzen zu müssen; manchmal etwas unpräzise auch als "passiver" Wortschatz bezeichnet. Wer eine Fremdsprache lernt, weiß in der Regel, daß sein rezeptives Sprachvermögen größer ist als sein produktives: Nicht alles, was man schon versteht, kann man auch selbst ausdrücken.
Schrift
konventionelles ('vereinbartes') System optischer Zeichen zum Zwecke der Kommunikation. Da Schriftzeichen in der Regel auf dauerhaftem Material (Stein, Leder, Holz, Papier, Datenträger) angebracht werden, sind sie nicht auf die Zeit und den Ort ihrer Erzeugung beschränkt.
Schriftsprache
Sprachregister, das typischerweise schriftlichen Ausdruck findet und sich in Struktur und Wortschatz von anderen, lautsprachlichen Registern unterscheidet. Eine Schriftsprache steht der Standardsprache meist näher als den anderen Registern derselben Sprache; sie kann auch mündlichen Ausdruck finden, etwa in der Lesung von Nachrichten, dem Halten schriftlich konzipierter Reden, der Rezitation von Gedichten etc.
Semantik
Bedeutungslehre: Disziplin der Sprachwissenschaft, die die Bedeutung von Wörtern, Sätzen und Texten erforscht.
Singular
Einzahl. Beispiele: "Frau" im Gegensatz zu "Frauen", "sie schreibt" im Gegensatz zu "sie schreiben"; Gegenteil: Plural.
Soziolekt
im Gegensatz zum Idiolekt und Dialekt die von einer gesellschaftlichen Gruppe, Schicht, Klasse gesprochene, also diastratische Variante einer Sprache.
Sprache
eine schwierig zu definierende Fähigkeit des Menschen, miteinander zu kommunizieren. Der Linguist Saussure unterscheidet die Langue, nämlich das 'Zeichensystem' bzw. die 'Sprachfähigkeit' in einer Sprache, von der Parole, den konkreten 'Sprechakten'; aus der Gesamtheit der Paroles aller Sprecher einer Sprachgemeinschaft konstruiert er die Langue.
Neben dem überwiegend mündlichen Zeichengebrauch bzw. Ausdruck einer Sprache sind der gestische Ausdruck (Zeichen- bzw. Gebärdensprache) und vor allem schriftliche Ausdruck üblich.
Standardsprache bzw. -deutsch
siehe Hochdeutsch
Stützwort
Wort, das als Subjekt oder Objekt eines Satzes einen Satzteil – vor allem einen erweiterten Infinitiv – vorwegnimmt oder wiederholt. Beispielwörter: daran, darauf, davor, das, dies und vor allem es. Der Beispielsatz "Es tut mir leid, das zu hören" lautet ohne Stützwort: "Das zu hören, tut mir leid.", wobei das Pronomen ("es") ebenso wie der erweiterte Infinitiv ("das zu hören") das Subjekt ist.
Subjekt – Objekt
grammatische (nicht lexikalische) Kategorien, die die Funktionen (man könnte auch sagen: die Jobs) von Wörtern im Satz beschreiben. Ein Subjekt ist ein Substantiv, Pronomen oder Name, nach dem man mit wer? fragen kann; nach dem Objekt hingegen läßt sich mit wen? fragen. Meist steht das Subjekt am Anfang und das Objekt am Ende eines Satzes. Das Beispiel "Ich schreibe ein Buch." zeigt aber, daß – anders als im Englischen – beide Satzteile ihre Position auch tauschen können: "Ein Buch schreibe ich." Der Grund ist, daß man den flektierten (gebeugten) Wörtern im Deutschen ansieht, welche Funktion sie innehaben: ich ist ein Subjekt-, mich hingegen ein Objektpronomen.
Substantiv
auch: Nomen: Hauptwort, z. B. Satz, Buch, Sprache etc.
Suffix
Nachsilbe, um ein Wort zu beugen (Flexionssuffix) oder ein neues Wort zu bilden (Wortbildungssuffix).
Synchronie
Sprachbetrachtung auf einer Zeitebene: Untersuchung gleichzeitig bestehender Aspekte einer oder mehrerer Sprachen. Gegenteil (Antonym): Diachronie.
Synonym
'Wort gleicher Bedeutung'; Mehrzahl: Synonyma; ein Beispiel für Synonymie: "Samstag" und "Sonnabend"; Gegenteil: Antonym. Es gibt strenge Synonyma und weniger strenge, die nur annähernd dieselbe Bedeutung haben; manche Wörter bedeuten zwar an sich dasselbe, werden aber dennoch nicht im selben Kontext gebraucht.
Syntagma
'Zusammenstellung'. In der Linguistik: grammatikalisch bzw. syntaktisch gefügte Gruppe von Wörtern, die jeweils erst durch die Fügung ihren Sinn bekommen; Beispiel: Rotes Kreuz.
Syntax
Satzbaulehre: Teilgebiet der Grammatik, das die Struktur von Sätzen, also die Verknüpfungen von Wörtern zu Wortgruppen und Sätzen erforscht und die Veränderungen ihrer Form (Konjugation, Deklination) und Bedeutung sowie ihre Funktionen beschreibt.
Tautologie
'Dasselbe-Sagen': Eine rhetorische Figur, die mit einer inhaltlichen Wiederholung (semantischer Redundanz) arbeitet und in sogenannten Zwillingsformeln auftritt. Beispiele: bereits schon, frank und frei, nie und nimmer, still und leise, weißer Schimmel.
Tempus
grammatische Zeit, bzw. Zeitform. Die grammatische Zeit ist nicht mit der natürlichen Zeit identisch; Beispiele: "Sie wird jetzt volljährig sein." bedeutet 'Sie ist jetzt vermutlich volljähig.'; "Wann ging der Flieger morgen?" meint 'Wann wird das Flugzeug morgen abfliegen?'
transitiv
Ein transitives Verb kann ein Akkusativobjekt haben, ein intransitives nicht. Beispiel: Man kann ein Problem, einen Sachverhalt etc. bedenken und überdenken (transitive Verben), aber man kann es oder ihn nicht nachdenken oder grübeln (intransitive Verben).
Umlaut
ein in Abhängigkeit von seiner Umgebung und der Wortbedeutung veränderter Laut; in der deutschen Rechtschreibung: ä, ö, ü. Vergleiche: der Fall – im Falle – die Fälle.
Univerbierung
Vorgang und Ergebnis des Zusammenwachsens mehrgliedriger syntaktischer Konstruktionen zu einem Wort, z. B. wieder sehen zu wiedersehen, den Schluß folgern zu schlußfolgern. Die Univerbierung entspricht einer allgemeinen strukturellen Tendenz der (syntaktischen) Vereinfachung zum Zwecke der Informationsverdichtung in einem Wort sowie zur Vermeidung unhandlicher Konstruktionen. Voraussetzung für Univerbierung ist die Lexikalisierung eines Wortes, also seine Aufnahme ins lexikalische Bewußtsein der Sprachgemeinschaft; die übliche Folge ist die graphische Univerbierung, die Zusammenschreibung einer ehemaligen Wortgruppe.
Verb
Zeitwort, Tätigkeitswort, Tu(n)wort; Beispiele: lernen, laufen, schreiben etc.
Verbalnomen
Infinitiv (Grundform des Verbs), der die grammatische Funktion eines Substantivs (Nomens) einnehmen kann; Beispiele: "das Lesen". Besonders in Westdeutschland werden Verbalnomina zur Bildung des periphrastischen Aspekts verwendet, der auch als "rheinische Verlaufsform" bezeichnet wird: "Ich bin am Lesen."
Verbalperiphase
Verbale Umschreibung, Verbindung (in der Regel) zweier Verbstämme, in der (mindestens) ein Verb als Hilfsverb fungiert, das ohne eigene Bedeutung nur eine grammatische Kategorie (Tempus, Aspekt) des Vollverbs bedient. Beispiele: "Ich werde fahren." – "Ich bin gefahren." – "Ich habe [einen Opel] gefahren." – "Ich bin am Fahren.". Das letzte Beispiel enthält ein Verbalnomen (siehe oben). Die periphrastische Tempusbildung ist im Deutschen häufiger als die einfache, die ohne Hilfsverb auskommt: "Ich fuhr." Siehe auch oben: Periphrase.
Verlaufsform (am-Progressiv)
Ein Aspekt (siehe oben) bzw. eine morphologische Aktionsart des Verbs, der/die periphrastisch (siehe oben) mit einem Hilsverb gebildet wird und das Andauern einer Handlung ausdrückt. Im Englischen ist die Verlaufsform das bekannte continuous bzw. progressive: "I am reading", "I was reading" etc.; im Deutschen gibt es die (immer noch von Deutschlehrern bekämpfte) Rheinische Verlaufsform: "Ich bin am Lesen" etc.
Vokal
Selbstlaut, also ein Laut, der von selbst, ohne Hilfe eines anderen gesprochen wird: [a, e, i, o, u].
Volksetymologie
laienhafte Ableitung nicht (mehr) verstandener Wörter von anderen, ähnlich klingenden bekannten Wörtern und meist auch lautliche und schriftliche Anpassung der Wörter an ihre falsch vermutete Herkunft; Beispiel: Die "Grasmücke", ein kleiner grauer Singvogel, wird heute von 'Gras' und 'Mücke' abgeleitet, obwohl die Silbe gra 'grau' bedeutete.
Zeichen (Zeichensprache)
'Symbol', im allgemeinen sprachwissenschaftlichen Sinne beliebiges sprachliches Zeichen bzw. Symbol für einen Begriff von einem konkreten oder abstrakten Gegenstand. Im allgemeinen Sinne ist also jede Sprache Zeichensprache, da sie sich mündlicher bzw. akustischer, gestischer oder schriftlicher Zeichen bedient; im engeren, häufig verwendeten Sinne meint Zeichensprache nur die gestische bzw. Gebärdensprache.
Zirkumposition
'Klammerstellung': ein aus einer Präposition und einer Postposition bestehendes zusammengehörendes Paar von Adpositionen, die ein ihnen zugeordnete Wort umklammern. Beispiele: an meiner statt, um Himmels willen, von Amts wegen.


Ergänzung:

  • Ein Sternchen (*) vor einem Wort oder Satz(teil) bedeutet, daß dieses bzw. dieser konstruiert ist, also in der jeweiligen Sprache nicht üblich ist.
  • (Ranschburgsche) Ähnlichkeitshemmung: Im Jahre 1900 wiesen die Psychologen Müller und Pilzecker experimentell nach, daß das Behalten eines Lernstoffes A durch die unmittelbare Folge eines weiteren Lernstoffes B beeinflußt wird. Der Psychologe Ranschburg erklärte diese Interferenzerscheinung später genauer: Je größer die Ähnlichkeit zwischen zwei Lernaufgaben ist, desto stärker wirkt die Interferenz (sog. Ranschburg-Effekt). Dieses Phänomen wird als Ähnlichkeitshemmung bezeichnet und besagt: Ähnliches wird unabhängig von Lerninhalt und Struktur verwechselt, wenn es gleichzeitig oder in nur kurzem Abstand gelernt wird.
        Im Rechtschreibunterricht z. B. ist es gängige Praxis, gleich und ähnlich klingende, aber verschieden zu schreibende Wörter einander gegenüberzustellen, etwa "das oder daß?" (neuerdings "das oder dass?", was das Problem aufgrund der größeren Ähnlichkeit sogar noch schwieriger macht). Schüler(innen) reagieren darauf mit noch mehr Verwechslungsfehlern.
  • Schließlich noch zwei Fachwörter aus der Biologie: Ontogenese bzw. Ontogenie bedeutet 'Individualentwicklung', also die Entwicklung eines Lebewesens von der Zeugung bis zum Erwachsenenalter; Phylogenese bzw. Phylogenie hingegen ist die 'Stammentwicklung', also die Evolution einer Art. Es ist ein bekanntes Phänomen in der Biologie, daß sich die Phylogenese in der Ontogenese wiederholt: Der menschliche Embryo z. B. zeigt anfangs eine Anlage zu Kiemen.

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